Da rankt sich nun die Moralfrage um eine Glaubwürdigkeits-Debatte über die Frage ob ein Herr exDr. KTzG nun in mehr oder weniger bewußter Täuschungsabsicht gehandelt hat oder nicht. Und siehe da: wieder einmal gelingt es einem konservativen Deliquenten durch vehementes implizieren einer Wahlalternative seinen Kopf aus der Schlinge zu nesteln. Oder weniger kryptisch:
Lieber zu doof als kriminell, denn wer zu doof zum Doktorn ist, kann trotzdem noch Minister blieben (sagt Angie). Soweit ist die allgemeine Diskussion als Erfolg dieser Strategie zu werten, denn da ihm eigendlich keiner glaubt setzt sich seltsamerweise niemand ernsthaft mit den katastrophalen moralischen Konsequenzen dieser Aussage auseinander.
Bei Licht betrachtet entwickelt schließlich gerade der Grundsatz der Unschuldsvermutung höchst politische Brisanz. In der Tat muß zu aller erst davon ausgegengen werden, daß diesen effektiv 50-95 %vol recycling keine niedertracht zugrunde liegt – im Gegenteil: Jeder Programmierer weiß um den Wert von wiederverwendbarem Code. Daß dabei Lizenzen verletzt wurden (um im Bild zu bleiben), darf dabei getrost großzügig betrachtet werden, denn darin liegt nicht wirklich das Problem.
Viel schwerer wiegt für jemanden, der offenbar schon während des Erstellens dieser Arbeit als Person teil des öffentlichen Lebens war, die Frage der Verantwortung. „Grobe handwerkliche Fehler“ gelten im Handwerk als „grob fahrlässig„. Aber selbst das wäre noch kein moralischer Makel, solange er nur seinen eigenen Ruf und Titel riskiert hätte. Aber so ist es mitnichten: Wer in dieser öffentlichen Lage grob fahrlässig handelt (d.h. ein unnötiges Risiko billigend in Kauf nimmt) gefährdet zugleich das Ansehen seines Doktorvaters und seiner Uni. Als öffentliche Person kommen noch Schäden an Ruf und Recourcen seines Amtes sowie seiner Partei und deren Verbündete hinzu. Nicht zuletzt behindert er mit dieser fortgesetzten Taktiererei die effektive Regierungsarbeit und schadet damit letztlich jedem Bürger und der Demokratie im allgemeinen.
Wer in einer Zeit aufgewachsen ist, in der führende Politiker 16 Jahre lang ihr persönliches „Ehrenwort“ über ihren Amtseid stellen konnten, ist an ein gewisses Maß an krimineller Energie im politischen Personal gewöhnt. Natürlich ist es empörend und so weiter, aber andererseits sind solche Leute wenigstens halbwegs berechenbar. Sollte aber jemand scheinbar sebst zu dumm sein, um die fatalen Konsequenzen seiner von Eitelkeit getriebenen Nachlässigkeit zu Überblicken, muß dieser von einer etwaigen Regierungsverantwortung schnellstens enthoben werden.
Der eigentliche Skandal besteht aber in der Tatsache, daß es ihm gerade über diese fatale Unschuldsvermutung gelingt, sich der Verantwortung zu entziehen. Ohne seinen Titel könnte er im Prinzip sogar noch einmal versuchen eine Doktorarbeit zu schreiben! Viel besser wäre gewesen nur die Bewertung seiner Arbeit zu annulieren und ihn zum Führen seines Titels zu verpflichten – allerdings mit dem Zusatz „plagiatus causa„:
Dr. (p.c.) K.-T. zu Guttenberg
Damit wäre doch der Nachweispflicht genüge getan. Die verkauften Exemplare müßten natürlich im Rahmen einer Rückrufaktion mit ensprechenden Aufklebern versehen werden…
„Ohne seinen Titel könnte er im Prinzip sogar noch einmal versuchen eine Doktorarbeit zu schreiben!“ – Das war doch eh nur eine Promotion auf Probe. Das nächste Mal hat er ja dann mehr Musse, da ihn seine politischen Ämter nicht beim Promovieren stören.